Belastete Familien stärken
Tanja Raab-Rhein, neue Schirmherrin des Müttergenesungswerks in Hessen, besucht Diakonisches Werk Wiesbaden / Fazit: Bedarf an Kuren steigt
Als Schirmherrin der Müttergenesung in Hessen hat Tanja Raab-Rhein, die Ehefrau von Ministerpräsident Boris Rhein, die Beratungsstelle für Frauen- und Familiengesundheit und Müttergenesung beim Diakonischen Werk Wiesbaden besucht. Es sei einer ihrer ersten Antrittsbesuche, so Raab-Rhein, weil ihr das Thema Müttergenesung am Herzen liege.
Intensiv tauschte sie sich mit der Fachkraft der Wiesbadener Beratungsstelle, Shalina Cremer, mit Heidrun Klinger-Meske von der Diakonie Hessen und Agim Kaptelli, Leiter des Diakonischen Werks Wiesbaden (DWW), aus.
Zielgruppe der Beratungsstelle sind belastete Eltern, Alleinerziehende und auch pflegende Angehörige. Wer etwa unsicher ist, ob eine Kur sinnvoll ist, wer Hilfe bei der Suche nach der richtigen Einrichtung braucht oder Unterstützung bei der Antragsstellung, ist in der Beratungsstelle, die auch zum Verbund des Müttergenesungswerkes gehört, richtig.
„Der Bedarf an Kuren steigt“, sagt Shalina Cremer mit Blick auf die vergangenen zwölf Monate. Im zweiten Halbjahr 2021 hat sie 132 Hilfesuchende beraten, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres kamen bereits 201 Frauen und Männer: „Die Doppelbelastung während des Lockdown hat bei fast allen Familien Spuren hinterlassen. Eltern, vor allem Mütter, kämpfen mit dem Erschöpfungssyndrom und viele trauen sich wegen Corona erst jetzt in eine Kureinrichtung“, berichtet sie.
96 Prozent ihrer Beratungsgespräche führt Shalina Cremer mit Frauen, obwohl es mittlerweile sogar Kureinrichtungen nur für Väter gibt.
Um noch mehr Mütter zu erreichen, vernetzt sich Cremer mit anderen Trägern, Einrichtungen und Beratungsstellen, die in der Stadt mit Familien arbeiten. „Es gibt immer noch viele Frauen, die nicht wissen, dass es überhaupt die Möglichkeit einer Kur gibt“, stellt sie fest.
Probleme bei der Kostenübernahme der Krankenkasse ist für viele Frauen der Anlass die Beratung aufzusuchen. „Manche kommen erst, wenn der Antrag abgelehnt wurde, und ich ermuntere sie dann ein Widerspruchsverfahren einzuleiten“, so Cremer. „Denn wenn es eine ärztliche Anordnung gibt, steht den Eltern eine Kur gesetzlich zu. Manche Krankenkassen lehnen dennoch erst mal eine Kostenübernahme ab.“
Shalina Cremer bekommt Anfragen weit über Wiesbaden hinaus, da es in den Nachbarkreisen und in Mainz keine Beratungsstelle dieser Art gibt. Denn mit der vor einem Jahr gegründeten Stelle im Diakonischen Werk Wiesbaden wurde in Westhessen eine Versorgungslücke geschlossen. Die über Landesmittel geförderte Stelle ist keine reine Vermittlungsstelle für Kuren, sondern umfasst drei Bereiche: Beratung und Klärung der familiären Situation, Hilfe und Beratung bei der Kurbeantragung, Vermittlung von anderen Hilfsangeboten sowie Nachsorge.
„Ich versuche die Familien ganzheitlich zu beraten. Es kann zum Beispiel sein, dass finanzielle Probleme oder Schwierigkeiten in der Partnerschaft stressauslösend sind. Dann ist vielleicht eine Schuldnerberatung oder ein paartherapeutisches Angebot ergänzend sinnvoll“, sagt die studierte Pädagogin. Den Bereich Nachsorge will sie künftig noch ausbauen. Denn Ziel sei es, dass Familien lernen, langfristig mit ihrer Lebenssituation besser umzugehen und das in der Kur erlernte im Alltag anzuwenden.
In Frankfurt gebe es etwa Nachsorgegruppen, ergänzt Heidrun Klinger-Meske von der Diakonie Hessen, Bereich Frauen-, Familiengesundheit und Müttergenesung. Auch einige der Kurkliniken würden Nachsorge-Wocheneden anbieten, die gut angenommen werden, so Klinger-Meske.
Agim Kaptelli ist dankbar, dass sich mit Tanja Raab-Rhein jemand prominentes für das Thema Müttergenesung und Familien einsetzt und den Bereich öffentlich präsentiert: „Die Familie ist das solide Rückgrat unserer Gesellschaft. Wie verletzlich das System ist, hat Corona gezeigt.“ Die nächste große Herausforderung, die Energiekrise, stehe bereits vor der Tür, so Kaptelli: „Wir erleben bereist jetzt in unseren Beratungen, etwa in der Schuldnerberatung, dass die Menschen sich Sorgen machen. Und Familien werden im Besonderen davon belastet sein.“
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Quelle: Evangelisches Dekanat Wiesbaden, 22.08.2021
Autor: Andrea Wagenknecht / EKHN
Foto: Andrea Wagenknecht / EKHN